Viele Printmagazine sehen gleich aus. Das muss nicht sein. ☝️ 10 Ideen, wie man Print hacken kann, habe ich am vergangenen Samstag in meiner Keynote auf dem Jugendmedienkongress 2019 in Hamburg vorgestellt. Alle mit Gestaltungsbeispielen von Magazinen, deren Redaktionen etwas anders machen als die meisten anderen.
Für alle, die das interessiert und die an der harten Tür der Jungen Presse Hamburg gescheitert sind (Leute über zwanzig waren im Publikum ziemlich streng verboten) gibt es hier meine Slides (ohne Ton-Spur):
Anfangs zeige ich vor allem Beispiele aus ZEIT CAMPUS (nicht, weil wir die Geilsten sind, sondern weil ich dieses Magazin als sein Chefredakteur besonders gut kenne).
Es gibt natürlich noch viele weitere Magazine, die nicht wie alle anderen aussehen. Aber ich durfte nur 20 Minuten reden …
❤️ an alle AutorInnen, FotografInnen und andere Menschen, deren Arbeit ich hier zeige, insbesondere an die Gestalterinnen von ZEIT CAMPUS: Artdirektorin Beate Pietrek, Grafikerin Beate Zollbrecht & Bildredakteurin Hedi Lusser.
Danilo Scholz ist ein ebenso kenntnisreicher wie leichtfüßiger und witziger Intellektueller […]. Seine Verbindung von Wissenschaft und Feuilleton, die Nutzung unterschiedlichster Medien und Kanäle lassen eine neue intellektuelle Rolle erkennen.
Dass Danilo das letzte Mal für ZEIT CAMPUS geschrieben hat, ist schon etwas her (zuletzt erschienen seine Texte eher im Merkur).
Aber als wir für unsere Januar/Februar 2014-Ausgabe einen Autor suchten, der uns die Inflation der »Post«-Begriffe erklärt, und zwar innerhalb und außerhalb der Universität, also jemanden, der auf extrem wenig Platz genauso souverän über die »Postmoderne« wie über »Postdubstep« schreibt, da war klar, dass wir Danilo Scholz fragen müssen.
Und Danilo? Machte das. Ebenso kenntnisreich wie leichtfüßig und witzig. Hier der Beweis:
»Poser!« — »Zwölfjähriger!« Nein, Noam Chomsky und Slavoj Žižek werden wohl keine Freunde mehr. Für die aktuelle ZEIT CAMPUS habe ich eine kleine Übersicht der Fehden (und Freundschaften) von Professoren recherchiert. Erleben Sie dort: Feine Spitzen mit den Florett — und solche mit der Kettensäge.
Lars Weisbrod aus dem ZEIT-Feuilleton fordert passend dazu in seinem Essay mehr Streit in der Wissenschaft — und erklärt, was Denkerinnen und Denker dafür von dem Battle-Rap und der Renaissance-Malerei lernen können.
Die Beteiligten: Karl Heinz Bohrer, Judith Butler, Noam Chomsky, Detlev Claussen, Jürgen Habermas, Axel Honneth, Herfried Münkler, Richard David Precht, Peter Sloterdijk, Klaus Theweleit, Barbara Vinken, Harald Welzer, Slavoj Žižek.
In eigener Sache: Ich bin zum zweiten Mal Vater geworden und ab sofort — bis Ende des Jahres — in Elternzeit. Trefft mich an der Babyschaukel mit Sand in den Taschen.
Die neuen Bossinnen bei ZEIT CAMPUS, dem Magazin für Zukunft, Bildung und gute Entscheidungen, sind für die kommenden elf Monate Martina Kix und ihre Stellvertreterin Viola Diem, die zusammen mit Art-Direktorin Beate Pietrek und Online-Chefin Amna Franzke den Laden managen. 🙏
Silvester ist überstanden, die Christbäume liegen am Straßenrand, es ist Zeit für Neues! Wer jetzt noch »Best of 2018«-Listen postet, wird verspottet. Echt? Mir egal. Das vergangene Jahr war ein besonderes, mit vielen tollen Geschichten in ZEIT CAMPUS, dem Magazin, dessen Redaktion ich nun seit fast zwei Jahren leite.
Bevor es richtig losgeht mit 2019, habe ich zehn unserer Reportagen, Interviews, Fotostrecken und Podcasts ausgesucht, die etwas über das vergangene Jahr aussagen. Und die zugleich so zeitlos sind, dass es sich heute noch lohnt, sie zu lesen.
Draußen ist eh nur Nieselregen, Narcos: Mexico macht nicht halb so viel Spaß wie die alten Staffeln, deshalb mein Tipp: Such dir eine Decke, verkriech dich darunter und gönn dir einen Abend mit richtig gutem Magazin-Journalismus.
Hier meine Top Ten (unsortiert):
1) Fangen wir mit den Tiefpunkten des Jahres an: Der HSV steigt ab, und die deutsche Nationalelf fliegt in der WM-Vorrunde raus. Katastrophe! Okay, Spaß. Tatsächlich kann ich mit Fußball nicht so viel anfangen. Das Porträt, das Viola Diem über den Team-Manager des 1. FC Köln geschrieben hat, fand ich trotzdem super. Auch die Kölner haben ihre Fans 2018 enttäuscht, sie stiegen ab. Max Vollmar, der Team-Manager, hat deshalb alle Hände voll zu tun. Denn sein Job ist es, dass im Verein gute Stimmung herrscht: Der Manager für den Vibe.
2) Der Sommer 2018 war einer der heißesten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen vor mehr als hundert Jahren. Das ist kein statistischer Ausreißer: Von zehn der wärmsten Jahre waren neun im 21. Jahrhundert. Dass die Erde wärmer wird, ist nicht mehr zu leugnen. Trotzdem war die letzte Klimakonferenz eine Enttäuschung. Eine Klima-Expertin, die trotzdem optimistisch bleibt, ist die Medienökologin Birgit Schneider von der Uni Potsdam. Sie sagte im Interview mit Daniel Erk: Der letzte Sommer hat etwas verändert.
3) Armani, Burberry, Gucci, Versace … nein, das ist keine Textzeile von Miami Yacine, sondern eine Aufzählung jener Luxus-Labels, die keinen Echtpelz mehr in ihrer Mode verwenden wollen. Lange war totes Tier so ziemlich das Edelste, was man sich um den Hals hängen konnte (als ich vor einigen Jahren mit einer Kollegin eine Mode-Professorin interviewte, kam die mit einem toten Fuchs zum Termin). Doch: aus und vorbei! Wir feiern den Ausstieg mit einer großen Modestrecke, die falsches Fell zeigt. Und echtes Fell. Letzteres aber nur an lebenden Tieren: Fake und Flauschig.
4) Was hat der Holocaust mit uns zu tun? Hannes Schrader hat deutsche Muslime auf ihrer Reise nach Auschwitz begleitet. Ihre Großeltern waren keine Nazis, keine Mitläufer und keine Verfolgten. Und doch ist der Holocaust auch ihre Geschichte. Dieser Text erschien nach Kollegahs Echo-Eklat und nach Gaulands »Vogelschiss«-Spruch. Zwei Beispiele, die zeigen, wie schwierig der Umgang mit dem Holocaust heute ist – selbst für nicht migrantische Deutsche. Hannes’ Reportage: Berat fährt nach Auschwitz.
5) Seit zehn Jahren herrscht in Griechenland eine Wirtschaftskrise. Im Sommer 2018 endete das dritte und letzte internationale Rettungsprogramm. »Ihr habt es geschafft!«, twitterte Donald Tusk, der Ratspräsident der Europäischen Union. Happy End? Nein. Die Chancen für junge Griechen sind immer noch schlecht und ungleich verteilt. Davon erzählt Silke Weber in ihrem Porträt zweier Studentinnen: Eleni, 20, aus Athen und Eleni, 20, aus Athen. Die beiden haben viel gemeinsam – und leben doch in unterschiedlichen Welten: Sie kommt klar, sie nicht.
6) Einer der Hashtags des Jahres war für mich #instagramhusbands. Das sind die Typen, die sich mit beiden Händen am Handy krümmen und biegen um im perfekten Winkel ihre hübschen Freundinnen zu fotografieren. Quasi Mensch gewordene Selfiesticks. Es gibt #instagramhusbands aber nicht nur unter Amateur-Instagrammern, sondern auch unter den Profis. Nina Piatscheck hat fünf Paare interviewt, bei denen die Frau jeweils Influencerin ist und der Mann ihr Fotograf. Außerdem haben wir den Spieß umgedreht und die Frauen gebeten, ihre Männer zu fotografieren. Die Interviews und Fotos von Jolie Janine, Fashiioncarpet,Leslie Huhn, Shanti Joan Tan und Leonie (von Consider Cologne) gibt es hier: Er macht die Fotos, sie kriegt die Herzchen.
7) Bin ich rassistisch? Wahrscheinlich. Es ist Zeit, dass wir uns unseren Vorurteilen stellen. Dabei hilft der Fragebogen, den Amna Franzke, Vanessa Vu und Hasan Gökkaya entwickelt haben und der im vergangenen Jahr einige Leute zum Nachdenken gebracht hat. Auch mich: Diese 33 Fragen über Rassismus sollte man sich ehrlich stellen.
8) Es gibt Leute, die quatschen auf Partys unentwegt von ihrem Job. Und es gibt andere, die halten sich mit Geschichten aus ihrem Arbeitsleben lieber zurück. Zum Beispiel Bestatter, Bordell-Betreiber oder Forscher, die Tierversuche machen. Wie sie damit umgehen, dass sich andere vor ihren Berufen ekeln oder sie sogar moralisch falsch finden, erzählten einige dieser Leute unserer Autorin Marie Blöcher: Und was machst du so beruflich?
9) Ärzte, die Abtreibungen durchführen, dürfen das nicht auf ihre Websites schreiben. Denn das gilt als Werbung, und die ist für Abtreibungen verboten. Ist das noch zeitgemäß? Ist das sinnvoll? Darüber wurde im vergangenen Jahr viel diskutiert, inzwischen gibt es ein neues Gesetz. Doch das größere Problem ist, dass offenbar immer weniger Ärzte Schwangerschaftsabbrüche durchführen, dass viele Abtreibungen in Deutschland nicht dem neuesten Stand der Medizin entsprechen – und dass Frauen in Notsituationen dadurch das Leben unnötig schwer gemacht wird. Wie denken junge Ärzte und Medizinstudierende darüber? Marie Gamillscheg berichtet: Moderne Medizin.
10) Vergesst links und rechts, die soziale Konfliktlinie verläuft heute zwischen (großstädtischen) Kosmopoliten und (ländlichen) Traditionalisten. Das war zuletzt öfter zu hören, wenn über Chemnitz diskutiert wurde oder über die französischen Gelbwesten oder über Trump. Oder, oder, oder. Einer, der diese These bekannt gemacht und geprägt hat, ist der Soziologie-Professor Andreas Reckwitz von der Uni Frankfurt (Oder). Ich habe den Soziologen für ZEIT CAMPUS interviewt. Mit unseren Freunden, den Podcastern von detektor.fm, habe ich anschließend über seine Thesen gesprochen (und über meinen Hass auf Craft-Beer). Das kannst du hier anhören.
Und jetzt: Bring it on, 2019! Die nächste gedruckte Ausgabe von ZEIT CAMPUS erscheint am 5. Februar. Wer sich für dieses Jahr ein Abo gönnen möchte: Bitte hier entlang.
(Dieser Text erschien zuerst in Klug durch die Woche, dem Newsletter von ZEIT CAMPUS, der hier abonniert werden kann. Die Fotos der ZEIT CAMPUS-Ausgaben sind von Beate Pietrek, Beate Zollbrecht, Ricardo Nunes, Verena Brüning.)
Über meine Recherche zur Depri-Comedy (mehr dazu hier in diesem Blog) habe ich jetzt mit detektor.fm gesprochen. Wieso ist diese Comedy beliebt?
Meine These:
Wir befinden uns mit Gleichaltrigen im Wettbewerb um das beste Leben. Und dieser Wettbewerb wird in aller Öffentlichkeit [auf Instagram] ausgetragen und kann live kommentiert und up und down gevoted werden. Wir wollen nicht nur schön und erfolgreich sein, sondern wir wollen dabei auch noch glücklich sein, was ziemlich viel verlangt ist, was stresst – und was ein Anspruch ist, an dem man leichter scheitert als dass man damit Erfolg hat.
Die Depri-Comedy zeigt uns mit ihren Anti-Influencern, dass wir nicht allein sind mit unsere Kläglichkeit.
Warum bezahlen Leute Eintritt, um zu hören, wie andere von ihren Problemen reden? Und warum amüsieren sie sich dabei so gut?
Für die neue ZEIT CAMPUS-Ausgabe habe ich eine größere Geschichte geschrieben (die erste, seit ich vor anderthalb Jahren Chefredakteur wurde, für mich also voll aufregend, etc.). Es geht darin um die Depri-Comedy. Also um junge Künstler wie Nico Semsrott, Stefanie Sargnagel, Kathrin Weßling und andere, die auf der Bühne von Depressionen und Suizidgedanken reden, die sich selbst „Versagensexhibitionismus“ attestieren (Sargnagel über Sargnagel) und die in bisweilen ausverkauften Theatern spielen.
Die zentrale Figur meiner Geschichte ist Helene Bockhorst, 30, die nach vier Jahren Therapie mit der Stand-up-Comedy begann. Ich habe sie bei insgesamt acht Auftritten zwischen Hamburg und Ingolstadt begleitet, um zu verstehen, warum die Leute hören wollen, was sie zu erzählen hat.
Ihr Programm kann ich inzwischen mitsprechen (dabei hasse ich Comedy, BTW). Was ich sonst noch über Helene und über die Depri-Comedy und über die Gegenwart gelernt zu haben meine, steht in ZEIT CAMPUS.