»Führender globaler Denker«: Auszeichnung für Nick Bostrom

Das amerikanische Foreign Policy Magazin hat dieser eine Liste der »führenden globalen Denker« des Jahres 2015 veröffentlicht (die ganze Liste gibt es hier). Mit dabei ist der Philosoph Nick Bostrom, der vor den Gefahren der künstlichen Intelligenz warnt. Seine Langzeitperspektive: mögliche Auslöschung der Menschheit durch intelligente Maschinen. Alternativ könnte aber auch das Paradies auf Erden entstehen.

Klingt interessant/irre/all of the above? Bostroms Buch Superintelligence ist bei Oxford University Press sowie in deutscher Übersetzung bei Suhrkamp erschienen.

Ich habe das Buch für Spiegel Online besprochen und den Philosophen für ein Interview in Oxford besucht, das in Zeit Campus und auf Zeit Online veröffentlicht worden ist.

Abbildung: Der Philosoph Nick Bostrom, fotografiert von Ken Tancwell (via Wikipedia / Lizenz: CC BY SA 4.0)

Warum töten Polizisten in den USA Schwarze? Weil dort ein Kastenwesen herrscht, sagt die Soziologin Alice Goffman (mit Nachtrag)

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Abb.: Alice Goffmans Studie zu Rassismus und Polizeigewalt in einem Schwarzenviertel in Philadelphia

Krass. Das war mein Gedanke, als das »Klonk« in meinen Kopfhörern ankündigte, dass Alice Goffman unser Skype-Gespräch verlassen hatte. Rund eine Stunde hatten wir da diskutiert.

Alice Goffman, das vielleicht zum Hintergrund, hat mehrere Jahre als amerikanische Soziologin zu Kriminalität und Polizeiarbeit in einem Schwarzenviertel von Philadelphia geforscht. Ihre Arbeit, die in deutscher Übersetzung unter dem Titel On the Run im Kunstmann-Verlag erschienen ist, wurde in den USA wohlwollend aufgenommen.

Geplant war ein Gespräch über dieses Buch – vor dem Hintergrund der jüngsten Fälle von Polizeigewalt in den USA, die in jeder Hinsicht erschreckend sind, qualitativ und quantitativ. Ich wollte mit Goffman darüber sprechen, warum die Opfer dieser Gewalt immer Schwarze und die Täter fast immer Weiße sind.

Tatsächlich passierte dann das, was zu passieren droht, wenn man mit Soziologen spricht, die ihren Job gut machen: Es ging sehr schnell um sehr grundsätzliche Dinge. Goffman sprach über strukturellen Rassimus, über Armut und Kriminalität, und über die gigantischen Zahlen an Gefangen, die es ausgerechnet im »Land of the Free« gibt.

Eine gekürzte und übersetze Fassung unseres Gesprächs ist in als Interview auf Spiegel Online erschienen.

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Staat vs. feat. Markt: Joseph Vogls Buch Der Souveränitätseffekt

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Abb.: Joseph Vogl – Der Souveränitätseffekt (Diaphanes-Verlag)

Wer hat das Sagen, wenn der Staat nicht mehr souverän (»über allem stehend«) ist? Stehen sich Politik und Ökonomie unversöhnlich gegenüber, wie uns mancher (zum Beispiel Christian Lindner) glauben machen will? Und ist die »Postdemokratie« der demokratisch nicht legitimierten Gremien wirklich eine so neue Entwicklung, wie es in Neoliberalismus-Kritiken manchmal kling?

Der Kulturwissenschaftler Joseph Vogl (Autor u.a. von Das Gespenst des Kapitals) hat da seine Zweifel. In seinem Buch Der Souveränitätseffekt versucht er eine historische Herleitung des Staat-Markt-Komplexes, von den Kreditgebern der Fürsten im 17. Jahrhundert bis zu den Troikas und Zentralbanken unserer Zeit.

Ich habe das Buch gelesen und meine Gedanken dazu für Spiegel Online aufgeschrieben. Klicken Sie hier.

Was Merkel mit Bismarck verbindet: Mein Interview mit dem britischen Politikwissenschaftler Hans Kundnani

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Abb.: Hans Kundnanis Buch The Paradox of German Power, erschienen bei Hurst Publishers (2014)

Merkel ist wie Bismarck. OK, nicht ganz. Aber sie regiert ein Land, das sich in einer ähnlichen Lage befindet, wie seinerzeit Otto von. Denn Deutschland ist wieder ein Semi-Hegemon wie im 19. Jahrhundert: zu stark, als das ein einzelnes Nachbarland ein machtpolitisches Gegengewicht sein könnte. Aber auch zu schwach, um ganz Europa im Alleingang zu beherrschen.

Das ist zirka die These, die der britische Politikwissenschaftler Hans Kundnani in seinem Buch The Paradox of German Power vertritt (ich erwähnte es schon mal hier). Kürzlich habe ich ein Gespräch mit Kundnani führen können, in dem ich ihn zu seiner Theorie befragt habe. Und auch dazu, wo dieses Strukturanalogie – so sie denn stimmt – hinführt. Denn wir wissen alle, wie das 19. Jahrhundert endete …

Eine gekürzte Abschrift dieses Interviews hat Spiegel Online veröffentlicht.

Dort hat es unter anderem der italienische Politiker Beppe Grillo gelesen (oder zumindest einer seiner Mitarbeiter) und sich die Mühe gemacht, Auszüge des Gesprächs ungefragt ins Italienische zu übertragen und auf seinem Blog zu veröffentlichen.

Ich finde das ja toll. Ein Brite und ein Deutscher unterhalten sich, ein Italiener mischt sich ein: Das ist doch schon fast die europäische Öffentlichkeit, die wir uns immer gewünscht haben.

Mehr zum Buch hier, zum Autoren hier.

Ist Stephen noch King? Der Horrorkönig hält Hof in Deutschland

Stephen King visits Germany, CC-Photo by The USO via FlickrStephen King visits Germany, CC-Photo by The USO via Flickr (2)

Abb. 1 & 2: Königliche Begrüßung in der Ramstein Air Base (Photos by Mike Clifton, The USO, via flickr, CC BY-NC-ND 2.0)

Hier sehen Sie Stephen King, den Autor mehrerer Bücher überwiegend gruseliger Machart, wie er einem Flugzeug entsteigt. Das war kurz vor seiner allerersten Lesung auf deutschem Boden, am vergangenen Montag.

Zuerst las er vor US-Soldaten in Ramstein, dann vor Zivilisten in München, dann vor noch mehr Zivilisten in Hamburg. Ich war in Hamburg dabei und habe für Spiegel Online darüber geschrieben.

Spoiler Alert: Ich habe mich bei der Lesung kein einziges Mal gegruselt. War trotzdem ein großer Spaß.

Pussy Riots düsterer Vorfahre: Über Emmanuel Carrères bemerkenswerte Biografie des russischen Provokateurs Eduard Limonow

Abb.: Die Flagge von Eduard Limonows (in Russland verbotener) Nationalbolschewistischen Partei (via Wikimedia)

Zehn Jahre vor Pussy Riot forderte den russischen Staat schon einmal jemand heraus, den man im weitesten Sinne als Punk bezeichnen kann und der zu mehreren Jahren Haft verurteilt wurde – aber ohne darüber zum Helden der westlichen Liberalen, Popstars und Journalisten zu werden. Es war der Schriftsteller, Soldat und Provokateur Eduard Sawenko, genannt Limonow. In gewagten Protestaktionen forderten er und seine Anhänger, die Nationalbolschewisten, nicht die Meinungsfreiheit oder die Trennung von Staat und Kirche, sondern die Rückkehr von Stalinismus und Gulag. Womöglich meinten sie das ernst. (weiterlesen auf Spiegel Online)

Spießiger Punk: über Johnny Ramones Autobiografie »Commando«

Abb.: Johnny Ramones Grab in Los Angeles, entworfen nach seinen eigenen Wünschen. (Foto: Meribona/Wikimedia mit CC-Lizenz)

Über die Toten soll man nichts Schlechtes sagen. Das fällt schwer, solange die Toten nicht aufhören, Bücher zu schreiben. Hier meine Schmähschrift auf »Commando«, die posthum auch auf Deutsch erscheinende Autobiografie von Johnny Ramone (Gitarrist der Ramones). Möge er friedlich ruhen – und andere sein Andenken in Ehren halten.