Wozu Smartphones?

»Als ich mich neulich im Krankenhaus einer [… O]peration unterzog, war die diensthabende Empfangsdame, obwohl sie noch halb schlief — es war 5.30 Uhr morgens —, damit beschäftigt, auf ihrem Smartphone nach Turnschuhen zu shoppen. Genau das ist es ja, worum es beim Besitz dieses Geräts eigentlich geht: die unbegrenzte Möglichkeit, rund um die Uhr Dinge zu kaufen, unabhängig von den Umständen, in denen man sich befindet.«

So beginnt Dieter Roelstraete seine Kolumne Think Tank. Gedanken zur Gegenwart in der neuen Ausgabe der Zeitschrift Monopol (Dezember 2022).

Oder wie einst Meg Carter unter der Überschrift Billboards in your pockets im Guardian schrieb:

»Now that we have learnt to ignore adverts on television and websites, the next big test will be avoiding them on our mobile phones.«

Niemand kann behaupten, er sei nicht gewarnt worden: Carters Zeilen stammen aus dem Sommer 2001 — etwa sechs Jahre vor der Marktreife des ersten iPhones.

Immerhin: Roelstraetes Operation lief offenbar ohne Komplikationen. Doch ob die Empfangsdame jetzt schicke neue Sneaker trägt, werden wir wohl nie erfahren (außer auf ihrem Insta, vielleicht?).

Gesehen beim Rundgang der HfbK (3)

Jeder zweite Deutsche im Alter über 14 Jahren nutzt ein Smartphone, ergab eine repräsentative Studie im Auftrag von Bitkom, einem Branchenverband der Digitalwirtschaft, die vor gut einem Jahr veröffentlicht wurde.

Da es wohl kein Smartphone gibt, in dem nicht mindestens eine Kamera eingebaut ist, ergibt das Pi mal Daumen 35 Millionen Leute, die eine Digitalkamera besitzen & sie fast überall mit sich hintragen – und das allein hierzulande.

Da ist es naheliegend, eine Fotomagazin zu gründen, das sich mit theoretischen Texten und fotografischen Portfolios dem Phänomen der Smartphone-Fotografie widmet. Rosa Roth (ja – wie die ZDF-Vorabendserie) hat dieses Magazin gegründet. Sein Name ist The Smart View, es wird von einem gleichnamigen Tumblr begleitet, ist soeben in der ersten Ausgabe erschienen und baumelte beim Rundgang der HfbK von der Decke.

Die Leute vom Bayrischen Rundfunk bezeichneten The Smart View als »Magazin für Instagram-Süchtige«, mein Eindruck ist aber: richtiger ist das Gegenteil. Die Redaktion des Heftes fischt einzelne Fotos aus dem Insta-Flickr-usw.-Stream und präsentiert sie in ziemlich uninteraktiver Form: auf Papier gedruckt. So wie früher. Weil es sich manche Mobilfotos anzuschauen lohnt, ohne gleich Daumen, Herzen oder Kommentare verteilen zu können und zu wollen und zu müssen und dann weiter zu klicken – also quasi künstlich entschleunigt.

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