The Happy Reader ist ein Literaturmagazin, das fast alles anders macht als fast alle anderen Literaturmagazine. Es gibt hier: Keine Rezensionen. Keine Autoren-Interviews. Kein Wort zu den Neuerscheinungen der Saison.
Stattdessen besteht jede Ausgabe aus zwei Teilen. Der erste Teil ist ein ausführliches Gespräch mit einem Menschen, der gerne liest. Zum Beispiel mit dem Schauspieler Owen Wilson, Titelheld der neuen Ausgabe. Oder mit der Künstlerin Laurie Anderson. Das sind nette, eloquente Plaudereien über das Leben mit Büchern und Geschichten.
Der zweite Teil enthält dann viele kurze Essays, Listen, Infografiken und assoziative Fotos, die alle zusammen nur einem einzigen Buch gewidmet sind.
Schilderungen, wie die brave Schriftstellergemahlin ihrem Gatten und dem Reporter die frisch geschlagene Sahne zum Erdbeerkuchen auf die Veranda trägt, damit die beiden was Süßes haben zur Weltdeuterei, fehlen hier. Wie gesagt: Keine Autoren-Interviews.
Die Urheber der besprochenen Werke (und ihre Gemahlinnen, so vorhanden) sind alle schon tot. Es geht hier um Bücher wie Mary Shelleys Frankenstein, die Selbstbetrachtungen des Mark Aurel oder Jewgeni Samjatins Wir (eine Inspiration für George Orwells 1984 und das erste Buch, das in der Sowjetunion verboten worden ist, wie ich hier gelernt habe).

Die Auswahl ist kein Zufall, The Happy Reader ist ein von den Erfindern von Fantastic Man und The Gentlewoman betreutes Werbemagazin des Penguin-Verlag, besprochen werden also Bücher aus der Backlist. Kein Drama: Wahnsinnig viele Klassiker und Modern Classics sind in der englischen Übersetzung bei Penguin erschienen, die Auswahl leidet darunter also nicht. Und der Tonfall? Überfordert niemanden, sondern macht Lust, sich durch die hinteren Seiten des Verlagsprogramms zu blättern, ohne dabei werberisch zu werden.
Es geht um Klassiker und um das Leben mit Literatur, in einem angenehm unprätentiösen Ton. The Happy Reader steht damit ca. auf halber Strecke zwischen dem ewig gut gelaunten und alles immer super findenden #bookstagram und den strengen, ernsten englischsprachigen Book Reviews.
Wie es der Redaktion gelingt, eine lässige Belesenheit auszustellen und Pop-Sternchen (Olly Alexander), Komiker (Aziz Ansari) und Models (Lily Cole) urteils- und geschmackssicher – und so, als wäre es das Selbstverständlichste auf der Welt – mit Sowjet-Dissidenten, viktorianischen Dichterinnen und römischen Kaisern zu paaren, ist einzigartig. Und ziemlich sensationell.
Die Ausgaben kosten zwischen 5€ und 7,50€. Entdeckt habe ich die aktuelle in der Buchhandlung Words‘ Worth in München und mir sofort alle verfügbaren alten Ausgaben nachgekauft bei Coffee Table Mags.