Schulen und Corona: Was war wann bekannt?

Meine Kollegin Nike Heinen ist freie Wissenschaftsjournalistin. Seit die Entdeckung eines neuen SARS-Virus in Wuhan bekannt wurde, berichtet sie de facto über nichts anderes mehr.

Ich kam als Bildungsredakteur einige Monate später zum selben Thema — als das besagte Virus den Schulbetrieb in Hamburg lahmlegte.

Jetzt haben wir uns zusammengetan und uns gemeinsam durch die Studien, die Schutzverordnungen und die politischen Beschlüsse der vergangenen zwölf Monate gearbeitet. Wir wollten — mit etwas Abstand, aber natürlich noch mitten in der Pandemie — die Diskussion um die Schulen nachvollziehen und um die politische Frage: Schließen oder öffnen?

Also: Was war wann über die Verbreitung des Virus bekannt? Und wie wurde dann entschieden? Nachzulesen ist das hier auf ZEIT ONLINE für Abonnent*innen (und alle, die das noch werden wollen).

Ein neues Interview mit Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) gibt es – ebenfalls für Abonnent*innen – hier.

Enjoy! 😷

Uni Hamburg: Die ersten 100 Jahre

Die Uni Hamburg feierte 2019 ihr hundertjähriges Jubiläum. Sie war in der Weimarer Republik von der SPD als erste demokratische Reformuniversität in Deutschland ersonnen worden (aber: in der Praxis wurde das nix), diente sich im »Dritten Reich« den Nationalsozialisten an, wurde später Nebenschauplatz der »68er«-Bewegung …

Es ist also eine vergleichsweise junge Universität, aber eine, die sich immer wieder neu erfunden und den Zeitgeist gespiegelt hat.

Seit dem runden Geburtstag gibt es ein eigenes Universitätsmuseum im Hauptgebäude am Dammtorbahnhof. Jetzt folgt eine Buchreihe mit Aufsätzen zur Universitätsgeschichte, herausgegeben von den Historikern Rainer Nicolaysen, Eckart Krause und Gunnar B. Zimmermann.

Der erste Band zu »allgemeinen Aspekten und Entwicklungen« ist gerade erschienen, der zweite, der speziell auf die Geisteswissenschaften schaut, soll im Frühsommer 2021 folgen, danach im Halbjahrestakt die abschließenden beiden Bände zu Sozialwissenschaften sowie zu Naturwissenschaften und Medizin.

Mit Rainer Nicolaysen habe ich nun über die ersten 100 Jahre der Geschichte der Uni Hamburg gesprochen. Es wurde ein ziemlich ausführliches Interview, featuring Pfeffersäcke, Kaisertreue, Kolonialbeamte, muffige Talare und überfüllte Hörsäle. Dafür kein Wort zu Corona.

Frei lesbar auf ZEIT ONLINE.

Jeder hat sein Päckchen zu tragen

Warum ist die Filiale der Postfiliale am Kaltenkircher Platz in Hamburg-Altona so furchtbar? (»Mieser Service, freches Personal«, schrieb die Mopo, »Postfiliale des Grauens«.) Und wie soll es erst werden, wenn unsere Black-Friday-Deals und Weihnachtsgeschenke dort eintreffen?

Für die Hamburg-Seiten der ZEIT habe ich versucht, der Sache mal auf den Grund zu gehen. Mein Bericht über Staatskonzerne, Privatisierungspolitik und ein Kiosk-Imperium, das auf 3D-Pop-up-Glückwunschkarten errichtet worden ist: hier. (#abo)

»Destroy«: Retro-Graffiti in Rissen

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Neulich war ich in der Stadtteilschule Rissen — und, wow, was die auf ihrem Schulhof für geiles Graffiti haben! Erwartet man gar nicht in den Elbvororten, bei den Reitställen, usw.

Andererseits: Vielleicht ist auch genau das der Grund, warum sich dieses historische Werk erhalten hat. In der Schanze wäre es vermutlich schon etliche Male übersprüht worden. Auch in Rissen sind nicht mehr alle mit diesem, naja, naiven Stil einverstanden. »Toy« steht links und rechts als kritischer Kommentar am Bildrand.

Ich hingegen finde das wirklich super. Vielleicht, weil ich mit dem Ego-Shooter DOOM aufgewachsen bin (Sie können das hier online spielen), dessen Hauptfigur eine ähnlich exzentrische Kleiderwahl hatte wie der Character hier im Bild: Atemschutz, Brustpanzer, dazu aber T-Shirt-Ärmel. Hauptsache man sieht den Bizeps, nä?

DOOM kam Ende 1993 raus, ich würde mal tippen, dass dieses Graffito entsprechend auch aus den mittleren bis späten 1990er-Jahren stammt. Wer diesen Style mag, dem sei noch schnell das Buch ZAR ZIP FLY ZORO empfohlen, das die erste Schicht Graffiti in München dokumentiert. Nicht ganz dasselbe, denn das Buch dokumentiert Graffiti der 1980er, aber: Es ist ganz reizend.

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Schlaflos im Shopping-Tempel

Dass die Nacht im Einkaufszentrum eine unruhige werden könnte, dämmert mir kurz nach Ladenschluss. Da komme ich gerade von der Mitarbeitertoilette, die hinter den Shops und Fahrstuhlschächten gelegen ist, in jenen Gängen der Hamburger Europa-Passage, die man als Kunde eigentlich gar nicht betreten darf, und werde von einem Sicherheitsmann gestoppt.

»Sie sind derjenige, der heute in diesem Cube schläft«, sagt er. Ich nicke, obwohl der Mann das als Feststellung formuliert hat, nicht als Frage. »Nur, dass Sie sich nicht wundern«, fährt er fort, »wir testen heute ein paar Mal den Neptun 500.« Den was? »Den Neptun 500«, sagt der Sicherheitsmann. »Das ist so’n Feueralarm.« Dann singt er eine kurze Melodie: »Dii-Düü-Dümm. Neptun 500. Muss gemacht werden. Also nur, dass Sie sich nicht wundern.«

In der Europa-Passage in der Hamburger Innenstadt kann man jetzt übernachten. Ja, mitten in einer Pandemie. Ich habe das mal ausprobiert und erzähle auf ZEIT ONLINE, was ich nachts im Einkaufszentrum erlebt habe (Z+ / Abo).

Generation Umbruch

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Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie treffen besonders die Jüngeren. Drei von ihnen habe ich dazu befragt:

Miriam Dickmann, 19, ist Auszubildende zur KfZ-Mechatronikerin. Sie repariert einige der größten Fahrzeuge, die auf Hamburgs Straßen unterwegs sind: die Gelenkbusse der Hochbahn im HVV. Abstandhalten ist in ihrer Werkstatt kein Thema, sagt sie. Als einzige Frau unter 20 Azubis hat sie eine Umkleide für sich allein.

Julian Stowasser, 33, ist Sternekoch und der neue Küchenchef im Lakeside, dem Restaurant von Hamburgs teuerstem Hotel. Sein erstes Mal Kochen für Gäste war Mitte März. Vier Abende später kam der Lockdown. »Am Tag der Schließung war mein erster Gedanke: ›Scheiße, ich hab doch frischen Fisch bestellt!‹«

Jana Lilienthal, 28, hat in der Pandemie ihre Stelle verloren. Sie jobbt jetzt bei einem Kunststoffkonzern, der Plastikfolien für künstliche Darmausgänge herstellt. »Ich bin ein bisschen ins kalte Wasser gesprungen«, sagt sie, »denn ich komme aus der Lifestyle-Branche.«

Es sind drei von Tausenden, die in diesem Jahr einen neuen Job oder eine Ausbildung angefangen haben oder sich beruflich neu orientieren mussten. Wie es ihnen mit der Pandemie und ihren Folgen geht, steht jetzt in den Hamburgseiten der ZEIT (jetzt im Handel in und um Hamburg, bundesweit in den E-Papers und Apps oder per Abo). Mit Fotos von Michael Kohls!

Wieso liegen in Großstädten teure Grundstücke brach?

Die Städte wachsen, die Mieten steigen, der Wohnraum wird knapp. Trotzdem gibt es mancherorts unbebaute Grundstücke in bester Lage.

Zum Beispiel das Grand Central am Düsseldorfer Hauptbahnhof. Oder das Holsten-Areal in Hamburg-Altona. Hier sollten jeweils 1000 und mehr Wohnungen entstehen. Stattdessen wechseln die Gelände zwar immer wieder den Eigentümer und werden dabei immer teurer, doch gebaut wird nicht.

Was soll das? Welches Geschäftsmodell steckt dahinter? Was kann man politisch dagegen tun? Das habe ich mir von Christoph Twickel erklären lassen, der als freier Journalist für DIE ZEIT über Stadtentwicklung schreibt. Wer will, kann das jetzt in unserem Podcast »Hinter der Geschichte« anhören.

(Trigger-Warnung für Audiophile: Meine ohnehin viel zu ausufernde Anmoderation klingt leider recht knarzig, aber sobald Christoph spricht, wird’s besser!)

»Wir müssen bei der Digitalisierung viel, viel besser werden«

Politiker*innen reden nie Klartext? Wer das glaubt, kennt den Hamburger Schulsenator Ties Rabe nicht — und das Interview, das er meiner Kollegin Nike Heinen und mir gegeben hat.

Wir sprachen über den Umgang mit dem Dilemma, einerseits Infektionen zu vermeiden, andererseits aber eine ganze Generation von jungen Hamburger*innen nicht um ihr Recht auf Bildung bringen zu wollen.

Und über den Reformstau bei der Digitalisierung der Schulen, der in den vergangenen Monaten etliche Eltern auf die Palme brachte — und der sich ändern soll. Korrektur: muss.

Hier das ganze Interview (für Abonnent*innen der ZEIT).

Auf der Reeperbahn nachts im August 2020

Auf der Reeperbahn wird wieder gesoffen, gebettelt, gebaggert und gekobert, aber wer die Wodka-Bombe in der Bar trinken will, muss sich erst in die Liste eintragen.

Es wird flaniert und stolziert, gewippt und gewankt, es werden vor den Augen der Öffentlichkeit Burger und Dönerteller verzehrt auf eine Art, dass man sich die Nahrungsaufnahme für immer abgewöhnen will.

Aber es gibt keinen Paartanz und keine Ansagen vom DJ im Hamborger Veermaster, keine künstlich gebräunten Bikinifrauen auf dem Tresen im Dollhouse Beach Club und keine ungelenken white boy moves im Sommersalon. Ich habe nicht geprüft, ob es in Olivias Show Bar schon wieder Pornokaraoke gibt, aber in der Thai Oase sind die Lichter aus.

Es riecht nicht nach Pisse in der Schmuckstraße (trotz der Temperaturen!). Das Glockenspiel von St. Joseph bimmelt wie gewohnt (»Gott im Himmel hat an allen / seine Lust, sein Wohlgefallen / kennt auch Dich und hat Dich lie-hieb«). Es gibt noch Frauen, die mit Männerstimmen auf Spanisch in ihre Handys reden. Es gibt Maskenpflicht im Pornokino, in den Fetischläden tragen jetzt auch die Schaufensterpuppen Mundschutz.

Es gibt keine Schlangen vor den Clubs, keine Schlangen vor den Klos, keine Schlangen vor den Geldautomaten. Dafür gibt es jetzt viel mehr Außengastronomie.

Es gibt die neue Wandzeitung vor dem Docks, in der vom »Land der Dichter und Denker« die Rede ist, in dem man seine Meinung wieder frei sagen können müsse und dass Corona nicht schlimmer sei als ein Schnupfen. (Ich ahnte vor der Pandemie nicht, dass sich auch Clubs blamieren können.)

Einmal kräht mir unvermittelt eine ältere Frau ins Gesicht, als ich geistesabwesend die Talstraße hinunterlaufe. Normalerweise wäre ich auf sowas vorbereitet, jetzt erschrecke ich mich, zucke zusammen, weiche aus. Sie scheint sich zu freuen.

Vor Burger King wartet niemand auf dem Bürgersteig, in der Davidstraße auch nicht, oder am Hans-Albers-Platz. Das Laufhaus hat geöffnet (hä, wieso hat das Laufhaus geöffnet?), aber es gibt keine Frauen, die sich erkundigen, ob ich nicht mitkommen will und keine Typen, die fragen, ob ich vielleicht auf die Fresse will.

Es ist viel entspannter als sonst. Voll, aber höchstens halb so voll wie üblich, halb so laut, halb so hell. Die Leute scheinen nur halb so betrunken zu sein. Ich finde das alles seltsam. Viel seltsamer als den neulich noch komplett geschlossenen Kiez.