Eine Begegnung mit Hamburgs umstrittenstem Professor

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Als der Physiker Roland Wiesendanger auf eigene Faust ein Papier im Internet veröffentlichte, in dem er behauptete, das Coronavirus sei in einem chinesischen Labor hergestellt worden, war der Aufschrei groß.

Seine Faktultät distanzierte sich binnen 24 Stunden, Medien schrieben von »krudem Zeug«, andere Wissenschaftler*innen spotteten über ein Konvolut aus »copy and paste«, das als studentische Seminararbeit keinen Bestand haben würde.

(Wiesendanger hatte für sein Papier ganze Textblöcke aus anderen Veröffentlichungen übernommen und neben wissenschaftlichen Studien auch Artikel aus Onlinemedien, YouTube-Videos und einen Wikipedia-Artikel als Belege seiner Thesen angeführt.)

Roland Wiesendanger, der als junger Mann jede Prüfung mit Bestnoten bestand und dessen Verdienste im Feld der Nanophysik unbestritten sind, sagt: »Ich habe keine Fehler gemacht« Bald werde die Welt schon sehen.

Wer ist dieser Mann? Und wie kommt er als Physiker zu seiner virologischen Freizeitforschung?

Für die neue Ausgabe der Hamburg-Seiten der DIE ZEIT habe ich Roland Wiesendanger besucht und mir gemeinsam mit unserer Wissenschaftsautorin Nike Heinen seine Thesen genauer angesehen.

Unser Text ist der Versuch, sein Engagement zu würdigen, ohne seinen dunkel schillernden Spekulationen (SARS-CoV-2 ist eine Biowaffe! Etc.) auf den Leim zu gehen.

Ab heute in der gedruckten ZEIT (in und um Hamburg), bundesweit in E-Paper und App sowie hier auf ZEIT ONLINE (Aboschranke). Das Porträtfoto von Roland Wiesendanger hat Jewgeni Roppel aufgenommen.

Schulen und Corona: Was war wann bekannt?

Meine Kollegin Nike Heinen ist freie Wissenschaftsjournalistin. Seit die Entdeckung eines neuen SARS-Virus in Wuhan bekannt wurde, berichtet sie de facto über nichts anderes mehr.

Ich kam als Bildungsredakteur einige Monate später zum selben Thema — als das besagte Virus den Schulbetrieb in Hamburg lahmlegte.

Jetzt haben wir uns zusammengetan und uns gemeinsam durch die Studien, die Schutzverordnungen und die politischen Beschlüsse der vergangenen zwölf Monate gearbeitet. Wir wollten — mit etwas Abstand, aber natürlich noch mitten in der Pandemie — die Diskussion um die Schulen nachvollziehen und um die politische Frage: Schließen oder öffnen?

Also: Was war wann über die Verbreitung des Virus bekannt? Und wie wurde dann entschieden? Nachzulesen ist das hier auf ZEIT ONLINE für Abonnent*innen (und alle, die das noch werden wollen).

Ein neues Interview mit Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) gibt es – ebenfalls für Abonnent*innen – hier.

Enjoy! 😷

»Super Mario Bros«: Pixel? Perlen!

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Das Kind und ich sind in Quarantäne. Was kann man da machen? »Bügelperlen!«, sagte das Kind. Diese Idee erwies sich als tragfähig.

Jedenfalls haben wir in den vergangenen Tagen doch recht glückliche Stunden damit verbracht, drinnen zu hocken und bunte Plastikteilchen auf die Nupsis des Steckbretts zu fummeln.

Ich selbst hatte früher nie Bügelperlen, aber grob gerasterte Bilder spielten auch in meiner Jugend eine Rolle, also haben wir angefangen, meine Kindheitshelden zu stecken und zu bügeln.

Dann haben wir noch Super Mario Bros. mit Emulator auf dem Laptop gespielt und uns Speedruns auf YouTube angeschaut. Keine Ahnung, ob das pädagogisch wertvoll ist, aber wir kriegen die Zeit gut rum. ✌️

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P.S.: Falls hier Super Mario-Geeks mitlesen – schon klar, dass der Pilz und die Kröte eher nach Super Mario World aussehen als nach Super Mario Bros. Aber dafür ist der Mario super authentisch im NES-Style!

Jeder hat sein Päckchen zu tragen

Warum ist die Filiale der Postfiliale am Kaltenkircher Platz in Hamburg-Altona so furchtbar? (»Mieser Service, freches Personal«, schrieb die Mopo, »Postfiliale des Grauens«.) Und wie soll es erst werden, wenn unsere Black-Friday-Deals und Weihnachtsgeschenke dort eintreffen?

Für die Hamburg-Seiten der ZEIT habe ich versucht, der Sache mal auf den Grund zu gehen. Mein Bericht über Staatskonzerne, Privatisierungspolitik und ein Kiosk-Imperium, das auf 3D-Pop-up-Glückwunschkarten errichtet worden ist: hier. (#abo)

Wie Verlage auf Corona reagieren

Nächste Woche findet ja die Frankfurter Buchmesse nicht statt. Okay, es gibt laut Veranstalter eine »Special Edition« im Internet. Aber eine Messe ist das nicht.

Ich habe das zum Anlass genommen, einige Verlegerinnen und Verleger in Hamburg zu besuchen und sie dazu zu befragen, was Corona für sie bedeutet – wirtschaftlich, aber mehr noch programmatisch, intellektuell und literarisch.

Muss man jetzt Bücher über Seuchen und Killer-Viren machen? Oder gerade nicht?

Antworten von Hoffmann und Campe, dem Kinder- und Jugendbuchverlag Carlsen, der linken Edition Nautilus und dem kleinen, jungen, preisgekrönten Verlag CulturBooks gibt es in meinem Artikel auf ZEIT ONLINE (mit Abo lesbar).

»Wir müssen bei der Digitalisierung viel, viel besser werden«

Politiker*innen reden nie Klartext? Wer das glaubt, kennt den Hamburger Schulsenator Ties Rabe nicht — und das Interview, das er meiner Kollegin Nike Heinen und mir gegeben hat.

Wir sprachen über den Umgang mit dem Dilemma, einerseits Infektionen zu vermeiden, andererseits aber eine ganze Generation von jungen Hamburger*innen nicht um ihr Recht auf Bildung bringen zu wollen.

Und über den Reformstau bei der Digitalisierung der Schulen, der in den vergangenen Monaten etliche Eltern auf die Palme brachte — und der sich ändern soll. Korrektur: muss.

Hier das ganze Interview (für Abonnent*innen der ZEIT).

Magic Mushrooms

Vor bald vier Jahren schrieb ich eine Würdigung des Heizpilzes. Damals wirkte es, als wäre diese Würdigung zugleich ein Nachruf.

Zumindest von den Café-Terrassen in Hamburg war der Heizpilz so gut wie verschwunden. Da viel Außengastronomie auf öffentlichem Grund steht, bedarf sie einer behördlichen Genehmigung und die wurde in der zweiten Hälfte der 2010er zwar noch für Tische und Stühle erteilt, aber in fast keinem Hamburger Bezirk mehr für die wärmenden Gasbrenner, die man inzwischen als Klimakiller ausgemacht hatte.

Der Heizpilz war — nach seiner geradezu viralen Ausbreitung in Folge des Rauchverbots 2008ff, das süchtelnde Gäste erstmals auch bei schlechtem Wetter auf die Terrassen trieb — vom Aussterben bedroht. Grund genug, dieses seltsame, unpraktische, aber doch so viel von unseren kulturellen Gebräuchen und kollektiven Sehnsüchten erzählende Dings noch schnell in die journalistische Chronik einzuschreiben.

OK, und jetzt ist der Heizpilz baaaack. Ich habe ihn zwar noch nicht wieder auf Café-Terrassen gesehen, aber das ist wohl nur eine Frage der Zeit.

Während die Hamburger Politik und Verwaltung sich schwer getan haben, Parkplätze in Flächen für Außengastronomie umzuwidmen, auf dass dies dem darbenden Gastgewerbe helfen möge, gibt es jetzt den politischen Willen zum Heizpilz aus gastro-konjunkturellen Gründen. Forciert wird das Vorhaben von der Zweiten Bürgermeisterin Katharina Fegebank von den Grünen (huch!).

Mein Text, der sich an seiner Sentimentalität berauschte und im Heizpilz seine Madeleine erkannte (habe ich jemals Proust gelesen? Selbstverständlich nicht), ist nun bald nix mehr wert, ach!

An alle Freunde (m/w/d) die Bitte: Gebt auf Euch acht, wenn bald die Heizpilzwälder wieder stehen! Bei unsachgemäßer Verwendung können die Dinger explodieren.

Reichsflaggen vor dem Reichstag

Am Wochenende stürmten Demonstrierende mit Reichsflaggen (und ein, zwei anderen Fahnen) auf die Treppe vor dem Reichstagsgebäude, wo sie von der Polizei gestoppt wurden. Bilder, die Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit den Worten kommentierte:

»Reichsflaggen, sogar Reichskriegsflaggen auf den Stufen des frei gewählten deutschen Parlaments, das Herz unserer Demokratie – das ist nicht nur verabscheuungswürdig, sondern angesichts der Geschichte dieses Ortes geradezu unerträglich.«

Wie kam es dazu? Das zeigt dieses erstaunliche Zeitdokument:

(Lesenwert sind in dem Video auch die Kommentare der Zuhausegebliebenen, die teilweise offenbar unter Verwendung des Klarnamens verfasst wurden. Upsi.)

Die Frau, die auf der Bühne spricht, wurde inzwischen als Tamara K. identifiziert und äußert sich zu der Aktion (nicht aber zur Bedeutung der vielen Reichsflaggen) in einem wohl authentischen Video in einem YouTube-Kanal aus der Coronademo-Szene: Weiterlesen „Reichsflaggen vor dem Reichstag“