Krimis sind der neue Goldstandard der Literaturkritik. Das ist nicht mein Gedanke, das las ich neulich in einem Interview, meine ich (aber ich welchem? Es ist leider nicht mehr zu rekonstruieren). Darin klagte jemand, dass heute das höchste Lob eines Kritikers oder einer Kritikerin in der Formulierung läge: »Spannend wie ein Krimi!«
Wer »spannend wie ein Krimi« googlet, dem entfaltet sich das Feld, in dem diese Floskel Anwendung findet – und dieses Feld ist riesig. Es umfasst Literatur aller Art, Theater, Filme, Musik und mehr.
»Spannend wie ein Krimi«, das ist ein Gegenwartsroman, ein naturwissenschaftliches Sachbuch, eine historische Studie, Kammermusik von Brahms, eine Messe in e-Moll, eine Archivrecherche zum Mauerfall, eine Biografie des Ministerpräsidenten von Thüringen, eine Ausstellung im Haus der Geschichte Baden-Württemberg, ein Spielfilm über Gentrifizierung in Istanbul, Kindertheater in Pinneberg, […].
Ich zitiere und verlinke hier übrigens nur Texte von Menschen, die fürs Hinsehen, Urteilen, Formulieren und Schreiben bezahlt werden. Erweitert man die Quellenauswahl über die professionellen journalistischen Medien hinaus, findet man auch die Behauptung, Schönheitspflege, Kaltakquise und PowerPoint seien »spannend wie ein Krimi«. (Aber da wird die Behauptung langsam wirklich unseriös.)
Bleibt noch die Frage: Sind Krimis überhaupt spannend? Weiterlesen „Krimis sind auch nicht besser als Groschenromane“